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Gruppe "Weiheämter für Frauen" ------------------------------ Dr. Gisela Forster, Sprecherin für Deutschland e-mail: gisela.forster@campus.lmu.de Christine Mayr-Lumetzberger, Sprecherin für Österreich e-mail: mmcml@ping.at ************************************************************** N E W S L E T T E R Nr. 05/2003 vom 1. Juni 2003 ************************************************************** Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Interessentinnen und Interessenten! Der Kirchentag ist vorbei. Viele Eindrücke bleiben. Ein Satz bleibt uns besonders in Erinnerung. Es ist der, den Matthias Drobinski in der SZ vom 31. Mai 2003 schrieb: "Die Unterschiede zwischen der katholischen und lutherischen Auffassung vom Abendmahl sind gering; strittig ist die katholische Lehre, dass nur ein Priester, der von einem Bischof geweiht wurde, der wiederum in der Nachfolge der Apostel steht, gültig Brot und Wein wandeln darf." Denkt man den Satz weiter, dann kann man sich der Gedanken nicht erwehren, dass - entweder die r.-katholische Kirche ihre PriesterInnenweihen abschaffen möge, damit dieses Hindernis beseitigt werde oder dass - alle PriesterInnen der evangelischen Kirche von Bischöfen und Bischöfinnen, die in der Nachfolge Christi stehen, geweiht werden mögen. Entweder das Eine, oder das Andere, Hauptsache der "Streit" wird beseitigt. Die Protestanten mögen gegenwärtig sagen, das Erstere soll geschehen, die Katholiken werden das Zweite verteidigen und viele Oppositionelle oder Pseudo-Oppositionelle werden sich auf den Satz versteifen: BRAUCHEN WIR ÜBERHAUPT PRIESTERINNEN UND PRIESTER? SCHAFFT SIE DOCH ALLE AB! Wie sieht die Praxis aus? - In der Thomasmesse tragen alle Organisatorinnen und Organisatoren des Gottesdienstes einen weißen Schal. Klerikerinnen, Kleriker und Laien können von ihrer Kleidung her nicht voneinander unterschieden werden. Als Gisela Forster im Mai bei der Thomasmesse predigte, fragte sie, ob sie ihr Messgewand anziehen sollte. Man sagte Nein, bei uns sind alle gleich, alle auf gleicher Stufe. So bekam auch sie den weißen Schal. - Bei der Agapefeier jeden Monat in unserer Gemeinde sitzen die Teilnehmenden im Kreis und sprechen miteinander. Unter ihnen Priester und Priesterinnen, Ordensleute und viele Laien. Alle reden ohne Rangstufeneinteilung miteinander, jede und jeder gibt den Beitrag, den er/sie geben kann. Es ist ein Miteinander von hauptamtlich und im Ehrenamt tätigen Menschen. - Beim geglückten ökumenischen Gottesdienst sitzen alle um einen Tisch, man fragt weder nach Religion noch nach Weihe. - Beim Hochamt in einer Kathedrale finden sich an diesem Ort, mit der zu Gott hin strebenden gotischen Architektur, mit Türmen hoch hinauf in den Himmel ragend, mit innen verborgenen Nischen und dunklen Seitenschiffe, mit Plätzen, an denen Betende sich zurückziehen und in der Dunkelheit Zuflucht finden können, strenge Hierarchien: Weit vorne ein Priester, der eine der berühmten klassischen Messen liest, begleitet von großem Orchester und Chor. Im Altarraum unzählige Ministrantinnen, Priester und Bischöfe. - In der Krankenstation des Krankenhauses, eine Priesterin, die an das Bett eines Sterbenden geholt wurde, um die Krankensalbung zu geben. Nur wenige Menschen um sie. Alle erfüllt von Nähe, Hoffnung und Schmerz des bevorstehendes Todes. Die verschiedenen Beispiele zeigen, dass es Kommunikationsformen gibt, in denen eine Gruppe aus Laien und Priesterinnen und Priestern gemeinsam gleichwertig leitet, andere, in denen Menschen aus verschiedenen Lebenssituationen ohne Unterschiede miteinander sprechen, Dann Versuche, in denen zwischen Religionen ebensowenig unterschieden wird, wie zwischen Amtspersonen, dazu andere Situationen, in denen Menschen eine sogenannte Amtsperson suchen, die in einer schwierigen Lebenslage zu ihnen kommt. Menschen brauchen viel: Sie brauchen die Gleichwertigkeit, sie brauchen die Gruppe, die gemeinsam alle Aufgaben übernimmt, sie brauchen aber auch ein Anlehnen, wenn sie keinen Halt finden, und sie brauchen Menschen, von denen sie wissen, dass diese bereit sind, ihnen zur Seite zu stehen: So wie Menschen eine Ärztin oder einen Arzt suchen, wenn Bauchschmerzen auftreten, so kann es für Menschen in seelischen Nöten und in Lebensschwierigkeiten, an Weggabelungen und in Grenzbereichen hilfreich sein, wenn sie eine Priesterin oder einen Priester finden. Konkret: Seit wir Priesterinnen vor einem Jahr unsere Seelsorgearbeit aufgenommen haben, werden wir von Menschen gesucht und angesprochen, die in einer seelischen Orientierungs- oder Verlassenheitsphase Hilfe brauchen. Wir werden anders angesprochen, als vorher, als wir Laien waren. Man sieht in uns die Amtsperson und weiß, dass Hilfe kommt. DIE FRAGE: BRAUCHEN WIR PRIESTERINNEN UND PRIESTER MUSS ALSO BEJAHT WERDEN. DIE ANDERE FRAGE: BRAUCHEN WIR GEWEIHTE PRIESTERINNEN UND PRIESTER, ist viel schwieriger zu beantworten, denn sie trifft, wie Matthias Drobinski geschrieben hat, einen Kernpunkt der Kirchenspaltung. Die Katholiken werden sagen, wir brauchen den Priester und die Priester- und Priesterinnenweihe, viele Protestanten werden entsprechend ihrer Tradition sagen, wir brauchen sie nicht. Um die Frage zu beantworten, ist es vernünftig, zu erkunden, womit die einzelnen Gruppen das Wort "WEIHE" verbinden. Wenn es darum geht, dass ein Mensch als "Auserkorener" "Höherer" vor, oder sogar "über" anderen steht und Dinge tut, die andere nicht tun dürfen, wenn der Priester/die Priesterin in dieser Form sozusagen als der/die "Erwählte", der/die "Gottnähere", sich selbst erhebt, dann kann das nicht gutgeheißen werden, wenn es aber darum geht, dass Menschen durch die Weihe Kraft schöpfen, dass sie gestärkt und bewusster einen Dienst ausüben können, wenn ihnen die aufgelegten Hände Mut und Zuversicht für einen Beruf geben, dann kann eine Weihe nicht abgelehnt werden. Bei dieser Abwägung geht es wie bei jeder anderen darum: Wie wird eine Form erreicht, die dem Menschen am meisten nützt, wie erhalten Menschen für ihre Seelennöte am ehesten eine Anlaufstelle. Wie erreichen Bedürftige mit Gewissheit die Priesterin, den Priester, den Sozialarbeiter, die Sozialarbeiterin für die Seele. Wann auch wagen sich Menschen an andere Menschen heran, wann sprechen sie über eine philosophische/theologische Orientierung, wann können sie sicher sein, dass das Gegenüber seine/ihre Existenzsorgen aufgreift und begreift, wann wissen sie, dass die unlösbar scheinenden oder tatsächlich für das Denken des Menschen nicht lösbaren Probleme mit den Suchenden besprochen werden können? Wann und mit wem wagen sich Menschen an das eigene Denkvermögen oder Denknichtvermögen heran und wie kann der Priester oder die Priesterin diesem Anspruch gerecht werden ohne selbst zu straucheln? Priester/Priesterin ist so viel wie eine Berufsbezeichnung. Der Beruf des Priesters, der Priesterin darf in seiner Wertigkeit kein anderer sein, als jeder andere Beruf, vor allem kein Besserer und vor allem kein Abgehobenerer. Im Gegenteil: Je menschlicher ein Priester/eine Priesterin ist, um so eher wird sie/er von den Menschen verstanden, je näher an den Menschen er/sie sich persönlich sieht, um so eher ist ein Für-den-Mensch-Sein möglich. Viele Menschen, die das PriesterInnentum abschaffen wollen, wollen gar nicht den seelsorglichen Priester/die Priesterin weghaben, sondern sie wollen die arrogante nahezu allmächtig anmutenden Hierarchie, mit der einige Priester sich schmücken, nicht länger akzeptieren. Das "hochnäsige" Priestertum gehört in der Tat abgeschafft, das menschliche PriesterInnentum aber sollte ausgebaut und allen suchenden Menschen als Hilfe angeboten werden. Priester und Priesterinnen, die durch eine Handauflegung, durch eine Weihe hochnäsiger, auserwählter werden wollen, haben das PriesterInnenamt falsch verstanden. Priesterinnen und Priester sollten durch die Handauflegung demütiger, auch zweifelnder, auch suchender werden. Erst so sind sie bereit, Lasten auf sich zu nehmen, Bürden zu tragen und Absolutheiten anzuzweifeln: So wie die Hände des Weihenden auf ihren Köpfen lasten, so lasten die Sorgen vieler Menschen auf ihnen. Weihegegner mögen diese Darlegungen bedenken, bevor sie sich in der Opposition gegen die Weihe verlieren. Protestantische Christen mögen die Handauflegung, die Weihe als Geste der Kraft, des Miteinanders und auch als Symbol für die Lasten sehen, die durch menschliche Schicksale aufgebürdet werden. Dann bedeutet Weihe nicht etwas, was man ablehnen müsste. Katholische Christen mögen die Weihe nicht als Steigerung ihres Selbstwertgefühls oder ihrer Religion missverstehen. Für alle kann nur der Mittelweg, der Verständigungsweg das Ziel sein: Das Miteinander und Nebeneinander von Geweihten und Nichtgeweihten ohne Rangordnung und ohne Hierarchieanspruch. Wir wünschen Ihnen allen ein schönes Pfingstfest, egal ob sie bei einer Thomasmesse, in einer Agapefeier, bei einem Hochamt in einer französischen Kathedrale oder in einer Meditation auf einem Berggipfel oder an einem Strand an irgendeinem Ort der Welt sind. Egal auch, wer neben Ihnen steht, ein Priester, eine Priesterin, Nachbarn, Freunde, Kollegen oder jemand aus Ihrer Familie. Wir Menschen brauchen einen MENSCHEN, nicht einen auserkorenen Menschen und wir brauchen einen Menschen, der die Kraft hat, die Lasten anderer Menschen zu tragen. Mit vielen guten Wünschen Dr. Gisela Forster, Sprecherin für Deutschland Christine Mayr-Lumetzberger, Sprecherin für Österreich ---------------------------------------------------------- www.virtuelle-dioezese.de mailto:priesterinnen@utanet.at |