Die Gruppe VIRTUELLE DIOEZESE ist eine Gruppe, die in Deutschland beheimatet ist. Sie
wirkt - ausgehend von Bayern - in ganz Deutschland und wird von Menschen, die sich durch das Internet
verbunden fühlen, und die sich auf diesem zeitgemäßen Weg über philosophische und religiöse Probleme
unterhalten möchten angesprochen.
Die Gruppe Virtuelle-Dioezse ist eine virtuelle Initiative innerhalb der römisch-katholischen
Kirche mit starker Verbindung zu den anderen christlichen Kirchen und
den Weltkirchen.
Wir leben in unterschiedlichen Lebensformen, der Zölibat ist für uns
kein Thema mehr.
Unser Ziel ist das Reden und Sprechen
miteinander: Der Dialog gegen die Einsamkeit
Erklärung anlässlich der Frauenordination in Oesterreich ( 29. Juni 2002)
Mehrere katholische Frauen aus Österreich und Deutschland haben sich
dazu entschlossen,
sich von einem katholischen Bischof ordinieren zu lassen.
Diesen Entschluss teilen sie hiermit der Öffentlichkeit mit und
begründen ihn folgendermaßen:
Seit nunmehr 40 Jahren, also seit Beginn des 2. Vatikanischen Konzils
(1962-1965), haben Frauen die Gründe für ihren Ausschluss von den
kirchlichen Weiheämtern mit stichhaltigen Argumenten zurückgewiesen. In
der nachkonziliaren Phase bis heute sind zahlreiche wissenschaftliche
und populär-wissenschaftliche Bücher und Artikel zugunsten der
Frauenordination erschienen, und zwar weltweit. Die Vatikanische
Kirchenleitung (Glaubenskongregation und Papst) hat diese
Forschungsergebnisse bis jetzt ignoriert, selbst wenn sie von der
Päpstlichen Bibelkommission kamen (vgl. Report der Bibelkommission von
1976). Durch wiederholte Verlautbarungen (Inter insigniores, 1976,
Ordinatio Sacerdotalis, 1994, Responsum ad dubium, 1995) hat sie
vielmehr den Ausschluss der Frau vom Priesteramt zementiert und dieser
Lehre den Rang eines "Quasidogmas" verliehen ("Diese Lehre erfordert
eine endgültige Zustimmung...").
Frauen, die eine Berufung zum Priesteramt fühlen und sie auch leben
wollen, befinden sich daher in einem schweren Gewissenskonflikt: Auf der
einen Seite steht die unrevidierte Position der offiziellen
Kirchenleitung - auf der anderen Seite ruft Gott sie aber zum
priesterlichen Dienst in der Kirche. 'Die Liebe Christi drängt' sie!
Die betroffenen Frauen wollen sich mit dieser unerträglichen Spannung
nicht abfinden und suchen daher Auswege zu finden.
Da eine Forsetzung der Argumentation aller Erfahrung nach keine Abhilfe
verspricht, haben sich Frauen dazu entschlossen, eine Ordination contra
legem (c. 1024 CIC) anzustreben. Denn eine Änderung der Rechtslage der
Frau in der römisch-katholischen Kirche ist in Anbetracht ihrer
hierarchischen und zentralistischen Struktur in absehbarer Zeit nicht zu
erwarten: Bekanntlich haben in einem Konzil, das über die Frage der
Zulassung von Frauen zu den Weiheämtern entscheiden könnte, nur Bischöfe
(also ausschließlich Männer!) Stimmrecht, und diese haben sich in der
Vergangenheit mehrheitlich als äußerst angepasst an Papst und Lehramt
erwiesen.
Den Frauen ist bewusst, dass sie mit diesem Schritt gegen ein
bestehendes kirchliches Gesetz sowie gegen eine Lehrmeinung des
kirchlichen Lehramtes verstoßen.
Aber: Dieses Gesetz ("Die heilige Weihe empfängt gültig nur ein
getaufter Mann", c. 1024) sowie die ihm zugrunde liegende kirchliche
Lehre beinhalten eine schwere Missachtung der Person- bzw. Menschenwürde
der Frau und ihrer christlichen Existenz. Das Getauft- und Gefirmtsein
der Frau wird ignoriert, die Gültigkeit der Ordination wird an das
bloße männliche Geschlecht gebunden!
Damit stehen das Gesetz c. 1024 sowie die ihm zugrunde liegende Lehre in
eklatantem Widerspruch zur Gottebenbildlichkeit der Frau (Gen 1,27), zur
Lehre des 2. Vatikanischen Konzils (Lumen Gentium Nr. 32 u.a.) sowie zu
Gal 3,27f, wo es heißt:
"Ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen.
Da sind nicht mehr Juden und Griechen/Heiden, nicht Sklaven und Freie,
nicht Mann und Frau ('männlich und weiblich'); denn ihr alle seid
'einer' in Christus Jesus."
Die Taufe - nicht aber das männliche Geschlecht - als Grundvoraussetzung
für die Gültigkeit der Ordination wird bereits von mittelalterlichen
Kanonisten/Theologen hervorgehoben ("...post baptismum quilibet potest
ordinari").
Sowohl die Lehre vom Ausschluss der Frau von den Weiheämtern als auch
das daraus resultierende Gesetz (c. 1024 CIC) beinhalten also eine
Irrlehre (Häresie), der Frauen in der römisch-katholischen Kirche nicht
länger zum Opfer fallen wollen.
Die an der 'unerlaubten' Ordination beteiligten Frauen verstehen ihren
Akt daher auch als ein deutliches prophetisches Zeichen des Protestes
gegen die Frauen-diskriminierende Lehre und Rechtsvorschrift, die Männer
der Kirche über Frauen verhängt haben und die der römisch-katholischen
Kirche und ihrer Glaubwürdigkeit vor aller Welt schweren Schaden zufügt:
Berufungen von Frauen, die von Gott für den Aufbau und die Erneuerung
der Kirche geschenkt sind (vgl. Eph 4,8.10-12), werden durch das
Kirchengesetz (c. 1024) unterdrückt. Angesichts der pastoralen Notlage
(Zusammenlegung von mehreren Gemeinden infolge des Priestermangels und
mangelndes Angebot an Eucharistiefeiern etc.) ist das nicht zu
verantworten.
Die beteiligten Frauen wollen durch ihre Handlungsweise das freie Wirken
der göttlichen Geisteskraft, die jeder/jedem zuteilt, wie sie will (vgl.
1 Kor 12,11), ehren und so für die römisch-katholische Kirche eine neue
Zukunftsperspektive eröffnen:
Im Einvernehmen mit den sie ordinierenden Bischöfen wollen sie sich
durch die Ordination u.a. für folgende Aufgaben stärken und zurüsten
lassen: pastorale Begleitung von Menschen, besonders von
Frauen(gruppen), die sich von der Kirche entfremdet haben: Sie brauchen
dringend geistliche Schwestern im Amt! Aufbau und/oder pastorale
Betreuung von Hauskirchen bzw. Hausgemeinschaften. Darüber hinaus
wollen sie sich für den seelsorglichen Dienst an Menschen bereit halten,
wann und wo immer er gewünscht wird.
Die beteiligten Frauen sehen sich bei diesem Akt durchaus in der
Nachfolge Jesu, der Gesetze, die von der hierarchischen religiösen
Autorität seiner Zeit und Religion aufgestellt wurden, gebrochen hat
(z.B. Sabbat- und Reinheitsvorschriften...). Darin lag für ihn keine
Willkür, sondern er handelte aus der Erkenntnis, dass die Menschen nicht
für die Einhaltung ungerechter, unmenschlicher Normen und Gesetze da
sind, sondern dass die Gesetze einer Religion den Menschen dienen sollen
(vgl. Mk 2,27 u.ö.).
Durch ihre Handlungsweise (contra legem) wollen die beteiligten Frauen
die verantwortlichen kirchlichen Amtsträger dazu aufrufen, endlich die
geistlichen Berufungen von Frauen zu den Weiheämtern zu respektieren und
ihnen in Lehre, Recht und Praxis der Kirche ausreichenden Raum zu
verschaffen.
Nicht die Frauen, die sich angesichts der Verhärtung der Kirchenleitung
zu einem Handeln "contra legem" genötigt fühlen, haben Kritik verdient,
sondern die verantwortlichen kirchlichen Amtsträger, die diesen Notakt
durch ihr Verhalten herbeigeführt haben.
Am Ostermorgen gingen mutige Jüngerinnen, Maria von Magdala und andere
Frauen, zum Grab Jesu - in Treue zu ihrem Meister. Der Stein vor dem
Grab war weggewälzt - sie begegneten als erste dem Auferstandenen und
wurden so zu Botinnen der Osterbotschaft.
Im Vertrauen auf die Kraft des auferstandenen Christus wollen auch heute
engagierte Frauen durch ihre Ordination einen neuen Weg bahnen und
mithelfen, den schweren Stein der Diskriminierung wegzuwälzen, der auf
den Frauen in der katholischen Kirche liegt. Sie wollen als
Priesterinnen für eine Kirche eintreten und arbeiten, in der die
Menschen, unabhängig von Geschlecht und Rasse, in Gerechtigkeit und
Freiheit miteinander leben und so Gott dienen können.
Die Gruppe der Frauen empfehlen sich selbst und ihren risikoreichen
Schritt der Güte Gottes und der Fürsprache aller Heiligen, besonders der
Mutter Jesu und der 1997 zur Kirchenlehrerin (doctor Ecclesiae
universalis) erklärten hl. Therese von Lisieux. Sie hat von sich gesagt:
"Ich fühle mich zum Priester berufen!"
Im Juni 2002
Für die Gruppe der Weihekandidatinnen: Dr. theol. Iris Müller u. Dr. theol. Ida Raming
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