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Gruppe "Weiheämter für Frauen" ------------------------------ Dr. Gisela Forster, Sprecherin für Deutschland e-mail: gisela.forster@campus.lmu.de Christine Mayr-Lumetzberger, Sprecherin für Österreich e-mail: mmcml@ping.at **************************************************** N E W S L E T T E R Nr. 07 vom 29.12.2002 **************************************************** RÜCKBLICK AUF EIN EREIGNISREICHES JAHR AUSBLICK AUF 2003 *** Priesterinnenweihe 2002 *** ---------------------------------- I Vorgeschichte II Weihe III Wie geht es weiter? ---------------------------------- I Vorgeschichte ----------------- 1962 - 1965 In Rom tagt das Zweite Vatikanische Konzil. Im Mai 1962, schon vor Beginn des Konzils, sendet die katholische Juristin (eigentlich eine "verhinderte" Priesterin!) Dr.Gertrud Heinzelmanneine Eingabe an die Vorbereitende Kommission, in der sie sich für volle Gleichberechtigung der Frau in der kath. Kirche (Zugang zum Priesteramt etc. ) und für ein emanzipiertes Frauenbild ausspricht. Ein paar Theologinnen aus Deutschland melden sich ebenfalls zu Wort, darunter als erste Josefa Theresia Münch (dipl.theol.), ferner die Theologinnen Ida Raming und Iris Müller: Diese verfassen gemeinsam eine Konzilseingabe, in der sie die Zulassung von Frauen zu Diakonat und Priesteramt theologisch begründen und alle gängigen Gegenargumente zurückweisen. Die Konzilseingaben sowie einige Beiträge von amerikanischen Frauen werden in dem von Gertrud Heinzelmann herausgegebenen deutsch-englischsprachigen Buch: "Wir schweigen nicht länger! Frauen äußern sich zum II. Vatikanischen Konzil" (Zürich 1964) veröffentlicht. 1971-1975 Im Würzburger Dom versammeln sich rund 300 Priester und Laienzur Würzburger Synode, um die Ergebnisse des Konzils für Deutschland umzusetzen. Aus dem Synodenbeschluss "Dienste und Ämter": "Maßstab für die Praxis der Kirche und ihrer Gemeinden ist vor allem Jesu Verhalten gegenüber den Frauen sowie die Tatsache, dass auch Frauen im Dienst der neutestamentlichen Gemeinden tätig waren." Die Synode richtet daher ein Votum an den Papst, "die Frage des Diakonats der Frau entsprechend den heutigen theologischen Erkenntnissen zu prüfen und angesichts der gegenwärtigen pastoralen Situation womöglich Frauen zur Diakonatsweihe zuzulassen." Ähnliche Voten werden aus vielen europäischen und außereuropäischen Ländern an den Vatikan gesandt. Auf diese theologische Erkenntnis und die Voten gibt es aus Rom bis heute keine offizielle Reaktion. 1975 In Detroit (USA) findet eine internationale Versammlung mit über 1200 Teilnehmern unter dem Leitthema "Women in Future Priesthood Now: A Call to Action" statt. Aus dieser Versammlung erwächst die "Women?s Ordination Conference" (WOC), die sich für die Ordination von Frauen in der katholischen Kirche, für die Erneuerung des priesterlichen Amtes und für umfassende Gleichberechtigung der Frauen in der Kirche einsetzt. In den folgenden Jahren werden Organisationen mit gleicher Zielrichtung in zahlreichen anderen Ländern gegründet. 1977 Die vatikanische Kongregation für die Glaubenslehre veröffentlicht eine erste offizielle Stellungnahme zum Priesteramt der Frau ("InterInsigniores", 1976) Kernsatz: "Die Kirche hält sich aus Treue zum Vorbild ihres Herrn nicht dazu berechtigt, die Frauen zur Priesterweihe zuzulassen." Die Erklärung der Glaubenskongregation ruft weltweit massive kritische Reaktionen hervor. Dez. 1993 Kardinal König (Wien) erklärt in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung: "Der Priester- oder Bischofsweihe der Frau in der katholischen Kirche steht kein Glaubensgrund entgegen." 1994 In dem Apostolischen Schreiben "Ordinatio Sacerdotalis" spricht sich Papst Johannes Paul II. definitiv gegen die Priesterweihe von Frauen aus. An diese Entscheidung haben sich nach seinen Worten "alle Gläubigen der Kirche endgültig zu halten." Sept. - Nov. 1995 Unterschriftenaktion für eine Reform der römisch-katholischen Kirche, angeregt durch eine voraufgehende ähnliche Aktion in Österreich unter dem Titel "Kirchenvolksbegehren". Die zweite der fünf Forderungen lautet: Volle Gleichberechtigung der Frauen - Zugang zu Diakonat und Priesteramt. "Die Ausschließung der Frauen von kirchlichen Ämtern ist biblisch nicht begründbar. Auf den Reichtum an Fähigkeiten und Lebenserfahrungen von Frauen kann die Kirche nicht länger verzichten. Das gilt auch für die Leitungsämter." Juli 1996 Auf der Ersten Europäischen Frauensynode in Gmunden/Österreich wird auf Initiative von Delegierten der WOC/USA das internationale Netzwerk 'Womens Ordination Worldwide' (WOW) gegründet. Es umfasst alle Gruppierungen, die sich für die Frauenordination in der röm.-kath.Kirche einsetzen. Nov. 1996 In Rom wird die Internationale Bewegung "Wir sind Kirche" gegründet, der inzwischen mehr als 300 Gruppen und Netzwerke aus der ganzen Welt angehören. April 1999 Auf einem Frauenstudientag der österreichischen Plattform "Wir sind Kirche" in Salzburg erklären sich vierzehn Frauen bereit, an einem Ausbildungslehrgang teilzunehmen, der von der Lehrerin und Krankenhausseelsorgerin Christine Mayr-Lumetzberger ausgearbeitet wurde und der Frauen auf Weiheämter in der katholischen Kirche vorbereiten soll. Gegenwärtig (Ende 2002) gibt es in Wien einen weiteren Ausbildungskurs. Sommer 2001 In Dublin findet die Erste Internationale Konferenz über Frauenordination statt. Organisatorin ist das internationale Netzwerk WOW. Das Motto lautet: "Die Zeit ist reif - Frauen feiern ihre Berufung zu einem erneuerten Priestertum in der römisch-katholischen Kirche." Der Vatikan spricht Teilnahmeverbote aus, die aber größtenteils ignoriert werden. Februar 2002 Frauen aus Deutschland und Österreich geben öffentlich bekannt, dass sie sich noch in diesem Jahr zu Priesterinnen weihen lassen werden. 29. Juni 2002 Sieben Frauen aus Österreich, Deutschland und den USA werden auf einem Schiff auf der Donau zwischen Passau und Linz zu Priesterinnen geweiht. Dieser schlaglichtartige und natürlich unvollständige Überblick über die vergangenen 40 Jahre soll deutlich machen, dass die Frauenordination am 29.06.2002 keineswegs ein kurzfristiger, ungeduldiger oder gar unbesonnener Protest gegen Lehre und Rechtsvorschrift der katholischen Kirche war. Seit dem II. Vatikanischen Konzil sind weltweit zahlreiche wissenschaftliche Bücher und Artikel erschienen, in denen die Gründe für das Verbot der Priesterinnenweihe seitens des Papstes und der Glaubenskongregation mit stichhaltigen Argumenten zurückgewiesen werden. Die Vatikanische Kirchenleitung hat diese Forschungsergebnisse bis jetzt stets ignoriert und hat stattdessen durch wiederholte Verlautbarungen den Ausschluss der Frau vom Priesteramt zementiert und sogar die Diskussion darüber verboten. Eine Fortsetzung der Argumentation hielten die betroffenen Frauen für sinnlos, denn eine Änderung der kirchenrechtlichen Situation ist aller Erfahrung nach in absehbarer Zeit nicht zu erwarten. Aber die Frauen konnten und wollten sich mit dieser Ausweglosigkeit nicht abfinden. Forschungen und die Diskussion aller relevanten Fragen haben längst ergeben, dass es keine tragfähigen biblischen und theologischen Begründungen für das Ordinationsverbot für Frauen gibt. Deshalb kann hier auf eine erneute theologische Argumentation zugunsten der Priesterinnenweihe verzichtet werden. (veranwortlich: Dr. Ida Raming) II Weihe --------- Über die Hintergründe und die Vorbereitung der Priesterinnenweihe gab es in den Medien leider auch unvollständige, verzerrte, manchmal wohl auch bewusst irreführende Darstellungen. Das kann darauf zurückzuführen sein, dass einige Medien von den Kirchen abhängig sind. Dieser Bericht soll dazu beitragen, einige Falschinformationen zu korrigieren und das eine oder andere Missverständnis auszuräumen. Auch einige Kritikpunkte und Fragen sollen aufgegriffen, bzw. beantwortet werden, die im Zusammenhang mit der Priesterinnenweihe immer wieder vorgebracht werden. Als Ende Januar 2002 die Entscheidung für die Priesterinnenweihe fiel, war den Frauen sofort klar, dass sie bei aller Unterstützung und allem Wohlwollen auch mit massiven Widerständen von vielen Seiten zu rechnen hatten, selbstverständlich in allererster Linie von der röm.-kath. Amtskirche. Die Frauen haben sich nie Illusionen darüber gemacht, dass die Kirchenleitung nicht alle Kräfte aufbieten würde, die geplante Weihe zu verhindern. Und wie sich herausstellte, war es zu keinem Zeitpunkt - bis zum unmittelbaren Beginn des Weihegottesdienstes - sicher, ob er denn wohl überhaupt bzw. störungsfrei würde stattfinden können. Einzig und allein aus dieser begründeten Befürchtung heraus entstand die Notwendigkeit einer möglichst absoluten Geheimhaltung. Diese bewusste Informationssperre gegenüber der Öffentlichkeit über Ort und Zeitpunkt der Weihe und über den weihenden Bischof hatte also nicht das Geringste mit verschwörerischer Geheimniskrämerei oder Wichtigtuerei oder gar mit schlechtem Gewissen zu tun - wie es den Frauen aber vielfach vorgeworfen wurde. Nachdem sie sich trotz massiver Drohungen und Vorwürfe nicht von ihrem Plan abbringen ließen, zeigte es sich, wie recht die Frauen mit ihrer Vorsicht und mit ihrer Einschätzung der Gegenkräfte gehabt hatten. Wegen der enorm umfangreichen und komplexen Vorbereitungsarbeit musste die Zahl der Eingeweihten zwangsläufig größer werden. Und so passierte es, dass - vermutlich aus Eifersucht oder Neid - Termin und Ort der Weihe doch vorzeitig bekannt wurden. Die Diözese Passau versuchte daraufhin in den verbleibenden ca. 48 Stunden, die Schiffsreederei zu veranlassen, den schon vor Monaten mit den Frauen abgeschlossenen Vertrag zu kündigen. Nachdem die Reederei dieses Ansinnen zurückgewiesen hatte, bot die Kirche Zahlungen in Höhe der zu erwartenden Regressforderungen an. Als auch das nicht gelang, wurden kurzfristig sogar Überlegungen angestellt, das Schiff zu kaufen. Dies war aber wegen des inzwischen bereits angebrochenen Wochenendes in der Kürze der Zeit nicht mehr möglich. Trotz der ausdrücklichen Solidarität gegenüber den Frauen ist es fraglich, ob die Reederei einem solch massiven Druck seitens der mächtigen und reichen Institution Kirche noch sehr lange hätte standhalten können. Wieso musste die Weihe eigentlich auf einem Schiff stattfinden? Was haben Journalisten, Kleriker und so genannte "wohlmeinende" Freunde (und leider auch Freundinnen) nicht für Begriffe gefunden, um allein diesen Aspekt - nämlich die Weihe auf einem Schiff stattfinden zu lassen - und auch die beteiligten Personen ins Unseriöse und Lächerliche zu ziehen. Zitate aus den Schlagzeilen der Presse: " Kaffeefahrt auf Ausflugsdampfer", "Donaufahrt als Possenstück / als Klamotte", " billiges Schmierentheater", "Priesterinnenweihe oder Mummenschanz?", "Frauenordination auf Donauwellenniveau", usw., usw. Welche Überlegungen und Befürchtungen hinsichtlich des Weiheortes waren nun tatsächlich ausschlaggebend? Konnten die Frauen denn damit rechnen, dass etwa ein Bischof - aus welcher Diözese auch immer - irgendeinen Kirchenraum zur Verfügung stellen würde? Mussten sie nicht vielmehr davon ausgehen, dass auch ein profanes, aber frei zugängliches Gebäude keine ausreichende Sicherheit für die ungestörte Durchführung der Priesterinnenweihe bieten würde, und auch keine Garantie für die persönliche Sicherheit der Beteiligten? (Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass die Kirche auch vor Gewaltanwendung nicht zurückschreckt, wenn sie es für notwendig hält.) Die Unerreichbarkeit eines Schiffes nach dem Ablegen vom Ufer, die Sicherheit vor Störungen aller Art und natürlich auch die Symbolik eines Schiffes für Unterwegssein, für Getragensein auf unsicherem Grund, für Aufbruch ins Ungewisse waren ausschlaggebend für diese Wahl. Dass das Schiff während seiner Fahrt mehrmals die Landesgrenze zwischen Deutschland und Österreich und damit auch die diözesane Grenze überfuhr, nahmen auch die Frauen erst im Nachhinein wahr und ist ein unbeabsichtigter, aber nicht unwillkommener Nebeneffekt. Im Zentrum jeder Diskussion über die Priesterinnenweihe stehen immer wieder und nach wie vor die Person und die Qualifikation des weihenden Bischofs. Und auch für die sieben Frauen stellte die Frage "Welcher Bischof wird uns weihen?" das größte Problem dar. Es galt von vornherein als ausgeschlossen, dass ein Diözesanbischof sich dazu bereit erklären würde, obwohl man von einigen weiß, dass sie im privaten Gespräch hinter vorgehaltener Hand durchaus Sympathie und Verständnis für die rebellierenden Frauen geäußert haben. An der Person des argentinischen Bischofs Romulo Braschi, der sich im März 2002 mit seiner Weihezusage bei den Frauen meldete, scheiden sich die Geister. Er war und ist Anlass für heftige Streitgespräche, und die Argumente pro und contra geraten leicht in ein gedankliches Durcheinander. Einige der meistgenannten Vorwürfe und Rechtfertigungen sollen hier herausgegriffen und nach Möglichkeit differenziert dargestellt werden. Für eine angemessene Beurteilung ist es sicher nötig, die Biographie dieses Bischofs zu kennen. Zitat aus der österreichischen Zeitschrift "Kirche In" 06/ 2002: "Romulo Braschi, Jahrgang 1941, wurde nach dem Studium der Theologie und nach der Promotion 1966 in Buenos Aires zum Priester geweiht. Ende der sechziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts bricht in Argentinien die Ära der Militärdiktaturen an. Braschi ist in Arbeiterpfarreien eines Industriegebietes nahe Buenos Aires tätig. Der Bischof seiner Diözese, Gerònimo Podestà, der mit der Befreiungstheologie sympathisiert und wegen seiner Sorge um die Armen sehr beliebt ist, verzichtet 1967 auf den Bischofssitz und heiratet seine Sekretärin - eine doppelt schwere Sünde in den Augen Roms und der fast durchwegs konservativen Bischöfe Argentiniens, die mit der Militärdiktatur eng zusammenarbeiten. Braschi und Podestá sind Gesinnungsgenossen und nehmen an der Bewegung "Priester für die Dritte Welt" teil, zu der Hunderte Priester Lateinamerikas gehören. Mit US-Hilfe wird diese "Rebellenbewegung" 1974 zerschlagen. Wie viele seiner Kollegen wird auch Braschi inhaftiert. Nach einem Jahr mit Folter, Elektroschocks und Scheinhinrichtungen kommt er dank eines Militärgeistlichen frei. Der rät ihm zu verschwinden und am besten überhaupt nicht zur Kirche zurückzukehren. Braschi, tief enttäuscht von der Haltung Roms und der Bischöfe, bleibt weiterhin Katholik, doch mit der römischen Linie will er nichts gemeinsam haben - das ist freilich etwas anderes als Nicht-Anerkennung des Papstes. Braschi gründet eine eigene Gemeinschaft und schließt sich der charismatischen Bewegung an. Diese wirkt unabhängig von den Bischöfen und nennt sich "Katholisch-charismatische Kirche Jesu Christi". Gemeinsam mit dem brasilianischen Priester Roberto Padin möchte Braschi diese Bewegung auch in Europa verbreiten. Padin wird 1989 zum Bischof geweiht und gibt die Bischofsweihe 1998 in München an Braschi weiter. An der Gültigkeit der Weihe gibt es keinen Zweifel." Über die Weihe durch Bischof Podestá, der Romulo Braschi im Januar 1999 ebenfalls die Bischofsweihe erteilt, liegt der Gruppe 'Weiheämter für Frauen' eine Notariatsbestätigung mit mehreren Zeugenbescheinigungen vor: "Romulo Braschi ist somit ein gültig geweihter, in der apostolischen Nachfolge stehender röm.-katholischer Bischof, der nie aus der Kirche ausgetreten ist, nie von dieser Kirche irgendeine Strafsanktion erhielt oder gar von ihr (per Dekret. Anm.d.R.) exkommuniziert wurde." (Zitatende) (In diesem Zusammenhang ist auf die heimlichen Bischofsweihen in der tschechischen Untergrundkirche während der kommunistischen Herrschaft hinzuweisen. Nach dem Zusammenbruch des Regimes bestand der Vatikan aus formalen Gründen auf einer erneuten Weihe "sub conditione".) Einem Mann mit dieser Lebensleistung wird man kaum gerecht, indem man ihn als Scharlatan und Betrüger abtut oder ihn mit undurchsichtigem Sektenschwindel in Verbindung bringt. Braschi weist auch den Vorwurf, "Schismatiker" zu sein, entschieden zurück. Er ist weder ein Irrlehrer, noch ist er vom Glauben abgefallen, noch hat er eine Spaltung in der Kirche hervorgerufen; und letztere Voraussetzung müsste erfüllt sein, um ihn "Schismatiker" zu nennen. Zum Vorwurf, Romulo Braschi sei nur ein "episcopus vagans", also ein Bischof ohne Anbindung an eine bestimmte Diözese, folgender Hinweis: Beileibe nicht jeder Priester und Bischof der röm.-kath. Kirche ist einer realen Gemeinde bzw. Diözese zugeordnet. Es ist langjährige römische Praxis, z.B. im diplomatischen Dienst des Vatikans stehende Repräsentanten aus reinen Prestigegründen zu Bischöfen zu weihen. Und für welche territoriale Gemeinde sind denn die geweihten Priester zuständig, die in den Kirchenverwaltungen arbeiten oder in der Jugend- oder Gefängnisseelsorge? Mit der Frage der Kirchlichkeit ihrer Würdenträger geht die Kirchenobrigkeit m.E. recht willkürlich und opportunistisch um. Von den rund 4000 röm.-kath. Bischöfen weltweit sind nur knapp 3000 im "Päpstlichen Jahrbuch" aufgeführt. Die übrigen zählen zu den "episcopi vagantes", den nicht in eine nationale Bischofskonferenz integrierten Bischöfen. In der apostolischen Sukzession stehen sie jedoch allemal: Wem sie in der rechten Intention und unter Anrufung des Heiligen Geistes die Hände auflegen, der - oder die - ist sakramental gültig geweiht. An dieser Stelle der allgemeinen Diskussion über die Priesterinnenweihe wird oft eine aufschlussreiche Tendenz spürbar: Obwohl viele Menschen (gerade auch aus kirchenreformerischen Bewegungen) der Frauenordination grundsätzlich wohlwollend gegenüberstehen, lehnen sie diese konkrete Weihe aus verschiedenen Gründen vehement ab. Sie merken vielleicht gar nicht, dass sie mit der Verwirklichung des Frauenpriestertums eigentlich die Lösung aller aktuellen innerkirchlichen Konflikte und Probleme erwarten. Das erklärt, warum in der Diskussion dann an das Verhalten der Priesterinnen andere Maßstäbe angelegt werden als an das ihrer männlichen Kollegen. Das wird besonders deutlich am Beispiel der apostolischen Sukzession. Um zu vermeiden, dass die Weihe nachträglich aus formalen (nicht theologischen) Gründen von Rom für ungültig erklärt werden könnte, waren den Frauen die zweifelsfreie apostolische Sukzession des weihenden Bischofs und die genaue Befolgung des röm.-kath. Weiheritus sehr wichtig - was im Übrigen seit Hunderten von Jahren bei allen Weihen männlicher Priester eine pure Selbstverständlichkeit ist. Deshalb ist es höchst unredlich, angesichts der Frauenpriesterweihe nun auf einmal den Vorwurf eines "längst überholten, klerikalen, gar magischen Amtsverständnisses" (so die altkatholische Theologin und Priesterin Angela Berlis im IKvu-Rundbrief "Querblick" vom August 2002, S. 23) quasi wie eine Trumpfkarte aus dem Ärmel zu ziehen. Die nunmehr geweihten Priesterinnen haben mit ihrem Schritt lediglich den ihnen - nach ihrer Überzeugung - zustehenden Anspruch auf Gleichberechtigung, Gleichbehandlung und Gleichwertigkeit in der Kirche wahrgenommen. Die Lösung aller kontroversen Fragen wie nach dem Amts- und Sakramentenverständnis oder nach Zementierung bzw. Veränderung kirchenhierarchischer Strukturen kann eine kleine Gruppe von neugeweihten Priesterinnen gar nicht leisten. Das sind Fragen, die dringend auf die gesamtkirchliche und - theologische Tagesordnung gehören und die auf allen Ebenen (auch innerhalb der Kirchenreformbewegungen und des Kirchenvolkes) diskutiert werden müssen. Die Priesterinnen haben für sich eine Entscheidung getroffen, die für sie stimmig und richtig ist. Was bei Männern selbstverständlich ist, sollte Frauen nicht zum Vorwurf gemacht werden. Das Thema "Mein Selbstverständnis als Priesterin" nahm während der Ausbildungszeit einen breiten Raum ein, und es zeigt sich schon jetzt, dass die Frauen in ihrem priesterlichen Leben neue Akzente setzen und damit Wege zu einem neuen Amtsverständnis gehen. (Näheres dazu: III: Wie geht es weiter?) Drei weitere Gegenargumente werden immer wieder geäußert: Gegenargument 1: "Frauen, die ein Weiheamt in der katholischen Kirche anstreben, müssen unbedingt ein abgeschlossenes Theologiestudium nachweisen." Gegenfragen: Sind männliche Priester durch Theologiestudium und Priesterseminar in jedem Fall hinreichend auf ihre beruflichen Anforderungen vorbereitet? Bringt eine z.B. 60-jährige Religionslehrerin und Seelsorgehelferin mit jahrzehntelanger Erfahrung in liturgischer und pastoraler Praxis nicht ebenso wertvolle und unabdingbare Voraussetzungen mit? Und eine Krankenschwester oder Altenpflegerin mit langjähriger Erfahrung in der Sterbebegleitung? Braucht die Kirche nicht dringend mehr Seelsorger und vor allem Seelsorgerinnen? Um einem möglichen Missverständnis vorzubeugen: Junge Menschen, die sich auf das Priester- bzw. Priesterinnenamt vorbereiten, sollten selbstverständlich das komplexe Fach Theologie mit seinen verschiedenen Disziplinen (z.B. Kirchengeschichte, Exegese, Pastoral etc.) studieren, wobei zu wünschen wäre, dass dieses Studium auch kontroverse Erkenntnisse und Fragestellungen zulässt. Aber gegen die Lebenserfahrung, die Kreativität und das Einfühlungsvermögen vor allem auch älterer Frauen soll und darf ein Hochschulstudium nicht ausgespielt werden. Das Ausmaß an Verzweiflung und Elend in unserer Welt wird mit jedem Tag größer. Aber um Menschen in Notlagen und Konflikten, in Trauer und Ängsten beizustehen, spielt eine hoch qualifizierte akademische Ausbildung sicher nicht die erste Rolle. Die weihebereiten Frauen haben in ihrem fast dreijährigen Ausbildungslehrgang zusätzliche Kompetenzen erworben, u. a. in Fragen der Pastoral, Liturgie, Homiletik, Sakramentenlehre und Psychologie. Der Schwerpunkt ihrer Ausbildung lag jedoch auf der pastoralen und liturgischen Praxis und dem Austausch von entsprechenden Erfahrungen. Viele Frauen weisen darauf hin, dass ihre Berufung und ihre priesterlichen Fähigkeiten in ihrem derzeitigen persönlichen Wirkungskreis auch schon vor der Weihe längst Anerkennung gefunden hatten. Gegenargument 2: "Priesterinnenweihe - ja! Aber erst muss das Kirchenrecht dahingehend geändert werden." Den Frauen ist bewusst, dass sie mit ihrem Schritt gegen ein bestehendes kirchliches Gesetz verstoßen haben: (c. 1024 CIC = Codex Iuris Canonici: "Die heilige Weihe empfängt gültig nur ein getaufter Mann.") Aber ( Gegenfragen ): Wie passt dieses Gesetz zu der auch von Papst und Bischöfen immer wieder beschworenen Person- bzw. Menschenwürde der Frau und der Würde ihrer christlichen Existenz? Steht dieses Gesetz nicht im Widerspruch zur Gott-Ebenbildlichkeit der Frau, wie sie ihr in Gen 1,27 zugesagt ist, oder zur Aussage im Galaterbrief (Gal. 3,27 f): "Ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen ... Da gilt nicht mehr Mann und Frau; denn alle seid ihr eins in Christus Jesus." Fügt dieses Gesetz der Glaubwürdigkeit der katholischen Kirche nicht vielmehr schweren Schaden zu? Aus einem Leserbrief von Rainer Spanhel aus Marktredwitz im Februar 2002 an die Süddeutsche Zeitung: "Die weltliche Rechtsordnung kennt sehr wohl das Problem, dass ein einfaches Gesetz, soweit es gegen höheres Recht verstößt, keine rechtlichen Wirkungen zeitigt. Könnte es also nicht doch sein, dass die zitierte Norm des Kirchenrechts unwirksam ist, da sie höheres Recht, in diesem Fall den Text der Heiligen Schrift, zumindest jedoch ihren Geist missachtet?" Christine Mayr-Lumetzberger, die Sprecherin der Priesterinnen, rechtfertigt diese Weihe "contra legem" mit dem Hinweis, dass "sich das Kirchenrecht noch nie durch Verhandlungen geändert hat, sondern immer nur durch Rechtsbruch". Nebenbei bemerkt hat noch niemand von den vielen, die sagen: "Priesterinnenweihe ja, aber so nicht!" angeben können, wie die Weihe denn stattdessen zu realisieren sei. Da gibt es dann nur ratloses Schulterzucken und Vertrösten auf eine nebulöse Zukunft. Gegenargument 3: "Die Priesterinnenweihe setzt die Einheit der Kirche aufs Spiel. Eine Spaltung der Kirche wird leichtfertig heraufbeschworen." Gegenfragen: Was ist das für eine Einheit, die immer wieder stabilisiert werden muss, indem Andersdenkende, Andersfühlende und -sprechende gemaßregelt, ausgegrenzt und zum Schweigen gebracht werden? Was ist von einer Einheit zu halten, die mit Hilfe eidesstattlicher Gehorsamkeitsverpflichtung, Diskussionsverboten und Androhung von Sanktionen aufrechterhalten wird? Autorität und Glaubwürdigkeit des Lehramtes werden weltweit immer mehr in Frage gestellt. Seit Jahren ist in den Medien, in der theologischen Literatur und im Kirchenvolk eine spannende und bereichernde Auseinandersetzung über theologische Streitfragen in vollem Gange. Muss man nicht ehrlicherweise feststellen, dass die viel beschworene und falsch verstandene Einheit der katholischen Kirche an vielen Stellen der Welt auch schon jetzt nicht mehr existiert - wenn man sie denn mit einer Glaubensuniformität gleichsetzt? Aber vielleicht kann man kirchliche Einheit auch ganz anders definieren. Zitat aus dem "Frauen - Herdenbrief" der österreichischen "Wir sind Kirche" - Bewegung: "Die römisch-katholische Kirche ist eine vielfältige Gemeinschaft und beheimatet Menschen unterschiedlicher Mentalität und Lebensform. Wenn es gelingt, Begegnung und Auseinandersetzung zu suchen, sowie die Konflikte, die aus den vorhandenen Gegensätzen entstehen, offen anzusprechen, sehen wir darin eine Chance und Bereicherung für alle. Wir wollen zu einer Kirche beitragen, in der alle Menschen den Mut und das Selbstvertrauen gewinnen, Verschiedenheit auszuhalten, sich nicht gegeneinander auszuspielen: zu einer Kirche, in der jeder Frau und jedem Mann aus ihrer Lebensform und ihren Lebenserfahrungen heraus Autorität zugestanden wird. Wir wünschen uns eine Kirche, in der allen Menschen, ob Frau oder Mann, für ihre persönlichen Lebensentscheidungen und - erfahrungen Achtung und Wertschätzung entgegen gebracht werden." Ein Thema muss noch erwähnt werden, das für besonders viel Aufmerksamkeit und Aufregung im Kirchenvolk gesorgt hat: "die Exkommunikation". Der Präfekt der Glaubenskongregation im Vatikan, Kardinal Ratzinger, sprach nach einem Ultimatum an die geweihten Frauen zum 5. August 2002 die Exkommunikation aus, ohne dass diese Kirchenstrafe vom Papst formell gebilligt worden wäre. Diese Reaktion des Vatikans kam natürlich nicht unerwartet und bot den Frauen Gelegenheit, öffentlich die von der Glaubenskongregation vorgebrachten Anschuldigungen zurückzuweisen und noch einmal die Beweggründe ihrer Weihe darzulegen. Fristgerecht reichten sie mit Unterstützung von Rechtsanwälten und unter Berufung auf kirchenrechtliche Vorschriften Beschwerde ein, die sie an die Glaubenskongregation, an den Apostolischen Nuntius und an die Bischofskonferenzen von Deutschland, Österreich und den USA schickten. In dieser Beschwerde, deren Empfang zwar bestätigt, die aber inhaltlich bis heute unbeantwortet blieb und wohl auch noch eine ganze Weile bleiben wird, weisen die Frauen nach, dass die ausgesprochene Exkommunikation durch die Normen des CIC nicht gedeckt ist. Unter Benennung der betreffenden Canones des CIC weisen die Frauen alle Beschuldigungen zurück, denn nach can. 221 § 3 haben "die Christgläubigen das Recht, mit kanonischen Strafen (- also auch mit Exkommunikation -) nur nach Maßgabe des Gesetzes belegt zu werden". Im CIC werden für die Exkommunikation folgende neun Straftaten benannt: Glaubensabfall, Irrglauben, Abtrünnigkeit, Kirchenaustritt, Verletzung des Beichtgeheimnisses, Abtreibung, Wegwerfen von Hostien, physische Gewalt gegen den Papst und Lossprechung des Mitschuldigen an einer Sünde gegen das sechste Gebot des Dekalogs. Keines dieser Delikte haben die geweihten Frauen begangen. Und der Straftatbestand eines "schwerwiegenden Verstoßes gegen die göttliche Verfassung der Kirche" - so der Vorwurf Kardinal Ratzingers -, diesen gesetzlichen Straftatbestand kennt das kanonische Strafrecht gar nicht. Vielmehr verlangen die Frauen nun nach can. 221 § 1 ein geordnetes Verfahren, in dem ihnen zusteht, "ihre Rechte, die sie in der Kirche besitzen, rechtmäßig geltend zu machen und sie nach Maßgabe des Rechts vor dem zuständigen kirchlichen Gericht zu verteidigen". Die Eingabe dieser Beschwerde wurde im Oktober 2002 vom Vatikan bestätigt und nach dessen eigenen Angaben an die zuständigen Stellen weitergeleitet. Damit befindet sich die Exkommunikation sozusagen in einem schwebenden Verfahren, und nach Meinung der Frauen wird sie es vermutlich sehr lange bleiben, denn die strafrechtliche Begründung der Exkommunikation und die damit notwendig verbundene theologische Diskussion der Priesterinnenweihe dürfte für den Vatikan problematisch sein. Aber eins ist klar: die Rechtfertigungs- und Argumentationspflicht liegt jetzt beim Vatikan. Der Theologe Peter Eicher drückt es so aus: "Es haben sich diejenigen Männer vor Gott, der Welt und der katholischen Kirche zu rechtfertigen, die Frauen am Priestersein hindern - und nicht Frauen, die sich weihen lassen." Bei dieser Gelegenheit muss das weit verbreitete Missverständnis ausgeräumt werden, die Exkommunikation sei gleichbedeutend mit Ausschluss aus der Kirche. Die Exkommunikation verbietet (nach c. 1331) u.a. Empfang und Spendung der Sakramente sowie die Ausübung kirchlicher Dienste und Ämter, die Kirchen- bzw. Gemeindemitgliedschaft bleibt davon unberührt. III Wie geht es weiter? ------------------------ Die betroffenen Frauen fühlen sich gar nicht exkommuniziert und leben und handeln auch dementsprechend. Sie sind nach der zum Teil lebenslangen Wartezeit und dem unbeschreiblich anstrengenden halben Jahr der konkreten Vorbereitung seit der Weihe sehr erleichtert und gelöst, erfahren viel Zustimmung und Unterstützung und blicken optimistisch in die Zukunft. Seitdem sie als geweihte Priesterinnen in der Öffentlichkeit bekannt geworden sind, werden sie oft von Menschen um Hilfe gebeten, auf der Straße, im Museum, sogar im Supermarkt. Besonders Männer bitten sie um ein Beichtgespräch, Tauf- und Trauungsgottesdienste finden statt, Sterbebegleitung war teilweise schon vor der Weihe ein vertrautes Aufgabengebiet. Nach ihren eigenen Angaben wollen die Priesterinnen sich besonders auch um die Menschen bemühen, die sich außerhalb der Kirche auf einer spirituellen Suche befinden oder die von der röm.-kath. Kirche an den Rand gedrängt wurden, wie z. B. Priester, die in einer Beziehung mit einer Frau leben, geschiedene Wiederverheiratete oder in homosexuellen Partnerschaften lebende Menschen. Sie machen sich auch Gedanken zur Frage, ob Priester- bzw. Priesterin-Sein bedeuten muss, in einer Gemeinde für alles und jedes verantwortlich zu sein: von der Gemeinde- und Gottesdienstleitung bis Seelsorgedienst, Sakramentenspendung, Verwaltungsfragen und, und, und. Vorstellbar und wünschenswert wäre hingegen ein Seelsorgeteam mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Die Frauen werden außerdem zu Vorträgen und Diskussionen eingeladen und finden bestätigt, was sie sich gewünscht haben, dass es nämlich für das Frauenpriestertum im Kirchenvolk eine hohe Akzeptanz gibt. Und nun hoffen sie, dass sie auch interessierten jüngeren Frauen Vorbild sein können, dass sie ihnen Mut machen und helfen können, Berufungen wahrzunehmen und zu leben und sich nicht länger von einem fragwürdigen Verbot zurückschrecken zu lassen. Denn viele Menschen innerhalb und vor allem auch am Rand der Kirche warten darauf, dass mehr Frauen Priesterinnen werden. Rosemarie Gärtner Dezember 2002 Die Sprecherinnen der Gruppe 'WEIHEÄMTER FÜR FRAUEN' für Österreich: Christine Mayr-Lumetzberger und für Deutschland: Dr. Gisela Forster danken Rosemarie Gärtner für diesen NEWSLETTER und wünschen allen Leserinnen und Lesern ein glückliches und erfolgreiches Jahr 2003! |